8. Fachforum Angelfischerei
Antworten auf wichtige Fragen der Angelfischerei
Ansprache – Begrüßung und Rahmenbedingungen
Gerd Schwarz, Schatzmeister des Landesfischereiverbands Baden-Württemberg, eröffnete das 8. FACHFORUM Angelfischerei mit einer herzlichen Begrüßung der Anwesenden im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen. Er hob die Bedeutung des Forums hervor, insbesondere angesichts aktueller Herausforderungen, denen sich die Fischerei in fließenden Gewässern wie der Donau und dem Neckar gegenübersieht. Dabei verwies er auf die steigenden Phosphatkonzentrationen seit den 1970er Jahren sowie die Auswirkungen des Klimawandels, die eine zusätzliche Belastung für die Fischbestände darstellen. Der Fischotter als ein neu hinzugekommener Prädator stelle ebenfalls eine Herausforderung dar. Schwarz betonte die Bedeutung der Beiträge und Diskussionen des Tages für das Verständnis dieser Themen und für die Entwicklung zukunftsfähiger Lösungen. Abschließend wünschte er allen Anwesenden einen erkenntnisreichen Tag und dankte dem Ministerium für den ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg für die Unterstützung.
Erfahrungen und Herausforderungen im Umgang mit dem Fischotter
Vortrag von Dipl.-Biol. Maria Schmalz
Diplom-Biologin Maria Schmalz präsentierte umfassende Einblicke in die Wiederansiedlung und die daraus entstandenen Herausforderungen mit dem Fischotter, basierend auf über 20 Jahren Erfahrung in Thüringen. Seit den 1990er Jahren hat sich der Fischotter dort schrittweise wieder angesiedelt, was zunehmend zu Konflikten führt, vor allem in Teichwirtschaften, die als Kulturlandschaft durch den Otter beeinträchtigt werden. In Fließgewässern gehört der Fischotter hingegen zum natürlichen Ökosystem und wirkt sich dort anders auf die Bestände aus, ohne gänzliche Artenrückgänge zu verursachen.
Maria Schmalz empfahl ein kontinuierliches und standardisiertes Monitoring zur Verbreitung und Populationsdichte des Fischotters, da fundierte Daten für ein gezieltes Konfliktmanagement unerlässlich seien. Dabei wies sie auf die moderaten Dichten des Fischotters hin, selbst in Regionen, wo er flächendeckend verbreitet ist. Schmalz betonte die Bedeutung transparenter Kommunikation und Zusammenarbeit aller Beteiligten, um den Umgang mit dem Fischotter in der Region konstruktiv zu gestalten und Konflikte proaktiv zu verhindern.
Abschließend hob sie hervor, dass ein langfristiger Schutz der Fischbestände nur durch die Renaturierung und Stärkung von Fließgewässern zu erreichen ist. Der Fischotter sei in dieser Hinsicht ein Symptom für größere ökologische Probleme in den Gewässern. Ein gesunder Gewässerzustand und Anpassungen an den Klimawandel sind unerlässlich, um eine nachhaltige Lösung zu erreichen. Mit ihrem Appell zur proaktiven Kooperationskultur und Verbesserung der Gewässerökologie hinterließ Maria Schmalz wertvolle Anregungen für die Teilnehmer des Forums.
Hechtverhalten und Vererbung: Einblicke in die Forschung zur Fangbarkeit von Hechten
Vortrag von Jorrit Lucas, Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg (FFS)
Jorrit Lucas, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg (FFS) und passionierter Angler, präsentierte sein aktuelles Forschungsprojekt zum Verhalten und zur Fangbarkeit von Hechten. Er stellte dar, wie das Verhalten von Tieren innerhalb einer Population genetisch bedingt und variabel ist und dass diese "Tierpersönlichkeiten" bei Hechten durch Angelfischerei selektiv beeinflusst werden könnten. Mutigere Fische, die häufiger aktiv sind, haben eine höhere Fangwahrscheinlichkeit, während schüchterne, weniger aktive Tiere seltener gefangen werden.
In seinem Forschungsprojekt untersucht Lucas die Vererbbarkeit von Verhaltensmustern bei Hechten. Durch gezielte Beobachtung und Fangexperimente an Elterntieren und deren Nachkommen sollen mögliche Zusammenhänge zwischen Mut und Fangbarkeit erforscht werden. Diese Experimente umfassen die Einführung von Hechten in kontrollierte Teiche, das Markieren der Tiere mit Datenloggern zur Aufzeichnung von Aktivitätsverhalten und wiederholte Angeltests.
Lucas zeigte detaillierte Einblicke in seine Methodik und erste Ergebnisse. So lässt sich erkennen, dass Hechte, die häufiger gefangen werden, tendenziell mutigere Verhaltensmuster zeigen. Er hofft, in künftigen Tests zu ermitteln, ob sich das Verhalten der Elterntiere tatsächlich auf die Nachkommen überträgt und wie sich das Langzeitverhalten in Folge von Angeldruck und Fangraten verändert. Diese Forschung könnte langfristig zu besseren Managementstrategien im Angelfischereibereich führen, die die natürliche Verhaltensdiversität der Hechtpopulationen bewahren.
Parasitäre Nierenerkrankungen bei Forellen und die Bedeutung kalter Gewässer
Vortrag von Albert Ros, Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg (FFS)
Albert Ros beleuchtete die Auswirkungen parasitärer Nierenerkrankungen bei Forellen und die entscheidende Rolle kalter Gewässer für das Überleben der betroffenen Populationen im Kontext des Klimawandels. Er erklärte, dass die proliferative Nierenerkrankung (PKD), die vor allem bei Temperaturen über 15 Grad Celsius auftritt, das Immunsystem der Fische stark schwächt. Ausgelöst durch parasitäre Einzeller, tritt die Krankheit verstärkt mit steigenden Wassertemperaturen auf und verschärft sich dadurch zunehmend.
In Studien, die Ros und sein Team in Baden-Württemberg durchführten, wurde bestätigt, dass erkrankte Forellen gezielt kühlere Wasserabschnitte aufsuchen, um den Krankheitsverlauf zu lindern. Diese "thermische Zuflucht" erhöhte die Überlebensrate der betroffenen Tiere deutlich. Die Forschung zeigt, dass Forellen in der freien Wildbahn aktiv kaltes Wasser aufsuchen, um ihre Überlebenschancen zu verbessern.
Zum Abschluss betonte Ros die Notwendigkeit, gezielt kühlere Rückzugsorte in Flüssen zu schaffen. Nur so könne man den Forellen auch langfristig geeignete Lebensräume bieten und ihre Bestände im Zuge des Klimawandels schützen.
Wels-Projekt: Auswirkungen auf die Fischgemeinschaft und Erkenntnisse zur Anglerkultur
Vortrag von Alexander Brinker, Leiter der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg, in Vertretung
Im Rahmen des 8. Fachforums Angelfischerei berichtete Alexander Brinker über das Wels-Projekt, ein laufendes Forschungsprojekt der Fischereiforschungsstelle (FFS) Baden-Württemberg. Das Projekt untersucht die Rolle und den Einfluss des Welses in den Gewässern Baden-Württembergs, der als „Klimawandel-Gewinner“ gilt und besonders in wärmer werdenden Gewässern deutliche Zunahme zeigt. Da der Wels als Top-Prädator in den lokalen Ökosystemen agiert, ist sein Einfluss auf die Fischgemeinschaft von wachsendem Interesse.
Brinker erläuterte, dass die Studie auf drei Säulen basiert: Eine Umfrage zu Anglerverhalten und -einstellungen, die Untersuchung der Ökologie des Welses und eine Analyse seines Schwimmverhaltens. In seinem Vortrag ging er insbesondere auf die Ergebnisse der Umfrage ein, die Einblicke in die soziokulturellen Aspekte der Wels-Angler*innen geben.
Soziodemografische und Soziokulturelle Erkenntnisse
Die Umfrage zeigte, dass Welsanglerinnen im Vergleich zu anderen Anglergruppen signifikant mehr Zeit und Geld in ihr Hobby investieren. Für rund drei Viertel der Befragten ist das Angeln auf Wels ein zentraler Bestandteil ihres Lebens, wobei Trophäenfische eine besondere Bedeutung haben. Erstaunlicherweise spielt das Naturerlebnis für Welsanglerinnen im Vergleich zu anderen Fischarten eine untergeordnete Rolle. Die Befragten angeln häufig in strukturierten Kanälen und industriellen Umgebungen, wobei sie dennoch die Herausforderung schätzen, immer neue Techniken und Geräte zu testen.
Management- und Regulierungsfragen
Brinker wies auf unterschiedliche Ansichten hinsichtlich fischereilicher Maßnahmen hin. Während viele Anglerinnen die bestehende Entnahmepflicht für Welse unterstützen, äußerten sich die spezialisierten Welsanglerinnen oft kritisch gegenüber dieser Regelung. Rund 75% der Welsanglerinnen praktizieren Catch and Release, obwohl dies in Deutschland grundsätzlich verboten ist. Die Umfrage verdeutlichte zudem, dass viele Anglerinnen Schwierigkeiten bei der Verarbeitung großer Welse sehen und daher geneigt sind, diese wieder freizulassen.
Ökologische Auswirkungen und Managementherausforderungen
Brinker betonte die potenziellen Auswirkungen einer hohen Welsdichte auf heimische Fischbestände. In bestimmten Gewässern, wie in der französischen Garonne, zeigen sich bereits deutliche negative Effekte, etwa durch die Bejagung wandernder Lachse. Auch in Deutschland könnten überhöhte Bestände an Großwelsen problematisch werden, etwa im Rahmen der Wiederansiedlung von Lachsen.
Ausblick und Handlungsempfehlungen
Um mögliche Konflikte und Wissensdefizite zu verringern, schlägt Brinker vor, die Öffentlichkeit stärker über die gesetzlichen Regelungen und die potenziellen ökologischen Auswirkungen des Welses zu informieren. Zudem könnten Schulungen zur Verarbeitung von Welsen das Bewusstsein für diese Fischart und ihre kulinarische Nutzung fördern.